Der älteste Reiseblog Deutschlands - Fotos, Bilder und Informationen aus über 20 Jahren
Der älteste Reiseblog Deutschlands


Der älteste Reiseblog Deutschlands - Fotos, Bilder und Informationen aus über 20 Jahren
von Susi und Strolch

30.6.2012 Am morgen Borneo: Kutching, Orang Utans und Besuch im Iban Langhaus

Endlich geht es los.
Die ausufernden Reisevorbereitungen und der Job haben uns beide die letzten Wochen in den Status Reif für die Insel Borneo versetzt.
Mit Malaysian Airlines fliegen wir über Kuala Lumpur nach Kuching. Leider im Blindflug ohne Fenster - Mittelreihe, die Reiseleitung (Knut) war schon mal besser :-)
Aufgrund des verspäteten Abflugs in Frankfurt witzeln wir beide über unser eventuell nicht mitkommendes Gepäck und die Ahnung bestätigt sich leider.

Kutching (Kuching)

Susans Macpac hatte sich in Kuala Lumpur wohl zu wohl gefühlt und entschied nachzukommen.
Nach dem ersten Schreck liefert MA den Rucksack im Laufe des Nachmittags dann aber doch umgehend ins Hotel.

Am netten Swimmingpool des Puteri Wing - Riverside Majestic Hotel im vierten Stock verbringen wir, nach einem ersten Spaziergang und einen sehr netten Eindruck von Kuching, den späten Nachmittag. Leichter Dämmerschlaf inklusive.

Fotos - Kuching
Der Sarawak-River

Später Essen - es gibt in Kutching, verschiedene Restaurants ... teilweise am Fluss (Strandpromenade) oder in der "Altstadt". Heute bevorzugen wir die indische Küche.
Nach 12 Stunden Tiefschlaf verpassen wir das Hotel-Frühstück ... die müden Körper sind dankbar.
Heute überqueren wir den Sarawak River per ständig fahrender Motorgondel und schlendern bei gefühlten 40 Grad auf einen Hügel zum 1880 erbauten Fort Magaritha deren Zinnen im schattigen Wachturm etwas Kühlung liefert und man hat einen schönen Blick über den Fluss auf die modernen Hochhäuser.

Fort Margaritha


Nach einem leckeren FrühMi beim Chinesen springen wir in ein Taxi zum nahegelegenen Orang Utan Reservat.

Semenggoh - Orang Utan Reserve


Zweimal täglich wird eine Fütterung der Orang Utans angeboten. Für uns Touristen wurde gegenüberliegend eine Plattform aufgebaut. Wir sehen zwei Waldmenschen sich durch die Bäume hangeln. Die dabei angewandte Technik unterscheidet sich von kleineren Affenarten in der Weise, dass sie auf dünneren Bäumen zum nächstengrößeren Baum, wie auf Stangen, wippend fortbewegen ... beeindruckend.
Ein nicht ganz ausgewachsenes Männchen und eine Orang Mammi mit ihrem 4 Monate altem Jungen nähern sich dem Fütterungsplatz.

Fotos Semenggoh - Orang Utan Reserve

Obwohl nicht ganz in freier Wildbahn, ist ihr Kommen durch die Wipfel der Bäume eine Begegnung der besonderen Art.

Nach einem kurzen Einkauf, der Abendspeisung beim Araber am Flussufer (Strandpromenade)  und einem Absacker ruft die Horizontale.
Wir sind keine Teenager mehr und uns steckt noch die Zeitverschiebung in den Knochen.

Heute früh verpassen wir das Frühstück nicht ... es wird nach unserem Geschmack viel Auswahl angeboten:
Gemüsecurry, Reisgerichte, Fischbällchen ... den Einheimischen Gästen schmeckt es aber und auch wir finden auch etwas.
Wir erkunden heute den westlichen Teil Kuchings inkl. Chinatown.

Das Sarawak Museum ist eintrittsfrei, durchaus interessant wenn auch etwas eingestaubt.
Im oberen Stockwerk sind einige Masken und Werkzeuge der verschiedenen Ethnien zu sehen.
Man erhält einen Eindruck der verschiedenen Völker und inspiriert uns sogleich.
Daher organisieren wir in eine lokalen "Reisebüro" einen Longhouse-Trip zu den Iban.
Uns ist bewusst, dass dies ein typisches Touristending wird, aber da wir weiter nach Sibu wollen, liegt es als Abzweig auf der Strecke. Traditionelle chinesische Massage rundet den Tag ab. Am Ende ist es doch authentischer als wir dachten, aber dazu mehr.

Abends stoppt uns heftiger Tropenregen auf dem Weg zum Restaurant. Das gehört einfach dazu.

Um 9 Uhr wartet Seiful, unser Reisebegleiter, vor dem Hotel auf uns.
Unterwegs kaufen wir die obligatorischen Geschenke (Kaffee, Reis, Salz, Süßes für die Kinder - wir haben keine andere Wahl) für die Familien und etwas Reiseproviant (Reisschnaps, Zucker und Limetten) ein.

Stundenlang fahren wir mit dem Auto durch Buschland ... keine Spur von Regenwald. Selbst die entfernten Berghänge verraten mit tiefen roten Rissen, die verhängnisvollen menschlichen Einwirkungen. Wir stoppen an einer Pfefferfarm.

Pfeffer
... hier wächst der Pfeffer also.


Im Iban Langhaus (Batang Ai NP)

Als wir uns dem Ende der 70-ziger gebauten Staudamm nähern, prägen Palmölpflanzungen und Kautschukbäume das Bild.
Wo ist das Borneo unserer Kindheitsträume?
Auf dem Weg zum Langhaus steigen wir dann in ein Langboot ... wir werden auch während dieses Trips keinen Regenwald sehen.
Die Iban bewirtschaften die kahlgeschlagenen Hänge und bauen Pfeffer, Bergreis, Kautschuk und Ölpalmen an. Wir kennen das Ausmaß der Vernichtung des Regenwaldes rein verstandesmäßig, aber das hier drastisch und real zu erfahren ist eine ganz andere und harte Sache.
Da der sandige Boden nur wenige Mineralien halten kann ist eine weitere Verödung nach wenigen Palmölanbau-Perioden nicht mehr zu stoppen.
Die schockierendste Erfahrung seit wir Tropengebiete besuchen.
Aber wir wollen heute vorrangig die Iban in ihren Langhäusern erleben.

Info zur Völkergruppe der Iban auf Borneo

Das Volk der Iban gehört zur Gruppe der Dayak auf Borneo. Ehemals Kopfgeldjäger und verbissene Kämpfer gegen die japanischen Invasoren im zweiten Weltkrieg. Je mehr Tätowierungen ein Mann zeigen kann, umso mehr "Erfolge" hat er im Kampf erzielt.
Der beschriebene Iban-Krieger Kontul (übersetzt: Der ohne Finger), hatte also also Einiges auf dem Kerbholz ... zum Glück war er uns  und unserem Drinks gegenüber nicht abgeneigt.  

Weitere Infos auf Wikipedia -----> Wir waren bei den Batang Ai (wikipedia)

Skeptische, freundliche, interessierte, weniger interessierte, mürrische oder schmunzelnde Gesichter nehmen uns so nebenbei in Empfang.
Die überdachte, mit Bastmatten ausgelegte Veranda vor dem Bereich des Dorfchefs wird uns als Lagerstätte angeboten.
Alle anderen Räume sind von den Familien belegt, wie wir später erleben.
Das Langhaus entspricht der Grundidee unserer Reihenhäuser mit kleineren räumlichen Besonderheiten :-)
Es ist hier etwa 100 m lang und hat etwa 20 Türen von der überdachten Veranda aus, die alle gemeinsam nutzen, in die familiären Bereiche.
Wir stellen scherzhaft fest, die Veranda ist eigentlich die gemeinsame "Gass".

Iban dancingScheinbar obligatorisch - der Tanz für die Touristen

Wir schlendern um das Langhaus und werden sogleich zum Reis-Whiskey eingeladen ... zu früh für uns.

Saiful, unser Begleiter, ein Malaye aus Kuching, ist hier beliebt. Wir können die Frau des Chef´s begrüßen und ihren großen Famlienraum mit anschließendem Küchenbereich anschauen. Hier wohnen insgesamt schätzungsweise 9 Menschen auf vielleicht 40 Quadratmetern und das ganze wahrscheinlich x 20. Weitere Familien leben im Hinterlanghaus.
Saiful kocht im Küchenbereich des Chef´s für uns - lecker.
Der Aufenthaltsraum ist übrigens auch Schlafraum aller Familienmitglieder, nachdem alle Matratzen verlegt wurden.

Nach dem Essen und dem obligatorischen Krieger-Tanz der Iban (Knut beindruckt die Präzision und Melodie der Gongs) wird es spannend.
Plötzlich setzen sich alle Frauen und auch Kinder einzelner Familien in einen Kreis.
Unsere Geschenke werden verteilt ... jeder bekommt den gleichen Anteil. Wir haben für 38 Familien Salz, Kaffee und Lollies dabei ...
Besonders das Salz und der Kaffee kommen sichtlich gut an (obwohl man eine andere Kaffeemarke bevorzugt... wie wir noch in Erfahrung bringen sollen :-), aber man kann ja nicht alles wissen).
Jedenfalls viel Freude über eigentlich so wenig, nicht zu beschreiben. Strahlende Gesichter.

Danach - Iban real, live und ohne Touristenshow ... Die Nacht spottet jeder Beschreibung und für europäische Maßstäbe unvorstellbar.
Wir werden noch zum Reiswein und Reisschnaps eingeladen ...

Auch wir bekommen eine Matratze mit Moskitonetz auf der "Gass", wie gesagt. Durchaus bequem.
Der Generator stoppt und die allgemeine Nachtruhe wird eingeläutet. Erst jetzt wird die Hellhörigkeit dieser Behausung deutlich.
Viele leise Stimmen, das Knarren der Holzbretter, Kinderrufe, Gemurmel überall.
Das Licht ist aus. Wir liegen im Dunkeln und versuchen zu schlafen, Ruhe stellt sich erstmal ein. Doch dann...

Ein hinkender Iban-Mann läuft wie Quasimodo mehrfach den ganzen Gang entlang. Streitgespräche mit einer Frau hinter verschlossener Tür sind zu hören.
Eine Uhr gongt alle halbe Stunde.
Fast eingeschlafen, fangen alle Hunde wie in einem Kanon an zu bellen, in diesen mischen sich zum Ende die Katzen.
Wir lachen uns fast kaputt - sind wieder glockenwach.
Danach, fast sanft eingeschlummert beginnen nun alle Gockel kanonartig zu krähen und die Katzen winzeln.
Sie leben übrigens unter dem auf Stelzen gebauten Langhaus.
Zwischendurch stampft Quasimodo an uns vorbei, um wieder an irgendeiner der 20 Türen zu klopfen.
Ehekrach, er flucht und nach 10 Minuten wiederholt er das  ... bis in die späte Nacht hinein.
Kurzes Tiergetrappel auf der "Gass" - bitte lass es eine Katze sein ... Kinderweinen, Husten ...
Zu guter Letzt beginnt links und rechts von uns die dritte Schnarchsonate von August-Friedrich Gaumensegel ... eine wahre Wonne.
Irgendwann gewinnt dennoch der Schlaf die Oberhand.

Im Iban-Langhhaus - der Gang

Diese Erfahrung auf solch engem Raum ist sicher einmalig. Ein Leben hier auf Dauer wäre für uns Individualisten vermutlich nicht ohne eine Eingewöhnung zu ertragen.

Die frühen Morgenstunden verlaufen ähnlich, leicht zermürbt quälen wir uns in die Senkrechte.
Die Iban gehen schon emsig ihrem Tagwerk nach, buntes Treiben auf der Gass.
Wir testen noch ihre altes Jagdgerät, das Blasrohr aus Eisenholz.

Mit Iban-Krieger (Kopfgeldjäger) eine Nacht im Dschungel

Danach geht es mit dem Langboot zu unserer Dschungeltour mit anschließendem Camping.
Wir machen einen Ausflug in einem kleinen Flusslauf und gelangen zu einem kleinen Wasserfall ... das kühle Nass tut gut. Zurück am Boot gibt es lecker Ibanstyleessen. Gekocht wird hier in Bambusstangen über dem Feuer (sowohl Gemüse wie auch das Ginger-Chicken).

Jetzt geht es mit dem Langboot zu unserem Campingbereich ... ein unvergesslicher Abend liegt vor uns.
Unser Guide und unsere beiden Iban-Begleiter, Bootsmann Nang und der 83 jährige Kontul,
setzen sich nach dem Abendessen zu uns und bringen den schätzungsweise 25%igen selbst gebrannten Reisschnaps (Fusel) mit.
Knut hat in Kuching bereits mit einem Liter 40% chinesischem Reiswhiskey und einem Sack voll Limonen und Zucker vorgesorgt, so dass es brasilianischen-Ibanstyle-Caiphirinja gibt.
Knut spricht leidlich Indonesisch ... die Verständigung ist damit sichergestellt.
Das kommt gut an! Nach 4 Drinks wird Knut von Kontul adoptiert und er lässt ihn nicht mehr aus seiner Umarmung.

Friends - Kontul und StrolchKontul - ehemaliger Kopfgeldjäger mit über 80 Jahren topfit und trinkfest


Nach vielen Drinks geht es Richtung Zelt ... Kontul fällt noch einen Abhang herunter und dann ins Wasser ... .

Der topfitte alte Mann mit dem fast zahnlosen aber ausdrucksstarkem Gesicht, ein Krieger der alten Zeit (hat auch für die Engländer gegen die Japaner gekämpft) krabbelt wieder den Hügel hinauf und hat keine Schramme, Nichts.
Später hören wir ihn noch grölen und rufen, aber der Schnapps ist alle und wir sind für heute platt.

Auch in dieser Nacht werden wir nicht viel schlafen ... zuerst die Geräusche der Umgebung, fallende Blätter. Es beginnt erst leicht zu Tröpfeln, aber ab 3.00 Uhr setzt massiver Regen ein.
Das Zelt läuft langsam voll Wasser (die Nähte sind undicht) ... und Wasser sammelt sich in einer tiefergelegenen Ecke (an Knuts Seite :-)).
Wir retten uns im Viertelstundendämmerschlaf in den Morgen. Der Wasserstand bleibt erträglich, da wir auf dünnen Isomatten liegen.
Klamme Feuchte macht sich breit, aber bei diesen Grundtemperaturen zu ertragen.
Unsere physischen und psychischen Grenzen sind zu erahnen.
Der neue Tag wird durch einen Ginger-Kaffee erträglich.
Es ist Knuts 46. Geburtstag aber davon berichten wir im nächsten Bericht.

Liebe Grüße
Susan und Knut

Die Berichte dieser Reise:

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